Der alte Turm 1950 bis 1972


Das Areal an dem nördlichen Abhang der Bergkuppe des Azenberges war in den früheren Jahrhunderten östlich des Fernweges Heilbronn - Bodensee, der über den Lemberg, das Feuerbacher Tal, den Azenberg und den Talkessel Stuttgart verläuft, ein Steinbruch für Roten Buntsandstein. Das Gebiet lag an der Markungsgrenze der alten Residenzstadt Stuttgart zu den Nachbarstädten Feuerbach und Cannstatt. Dieser grenzständigen Lage entsprechend war auch die Aufmerksamkeit der Bürgerlichen Collegien der Stadt für das Gebiet. Es bildeten sich so kuriose Dinge wie ein Restaurant Grenzhaus etc. pp. Bis nach dem ersten Weltkrieg war das Areal ein für die umgebenden Städte peripherer und uninteressanter Bereich.

Dies änderte sich mit der Werkbundausstellung in der Weißenhofsiedlung 1927 der Vergabe der Reichsgartenschau 1939 an die Stadt Stuttgart. Zu dieser Gartenschau sollten dort oben die einerseits repräsentativen, andererseits zeittypisch deutschtümelnden Bauten und Gartenanlagen entstehen. Eine Reihe von Aussiedlerhöfen wurde beseitigt, ebenso ein kurioses Haus auf Stelzen (Bild in der Bildergalerie). Stattdessen wurde 1939 der Killesbergpark angelegt. Im Tal der Rosen war damals bereits der Überrest des früheren Roten Buntsandsteinbruches als gärtnerische Anlage zierhaft angelegt.

1950 sollte die zweite Gartenschau nach dem Krieg als Deutsche Gartenschau wieder in Stuttgart stattfinden. Anders als 11 Jahre zuvor stand die Bergkuppe nicht mehr als Aussichtsgelände zur Verfügung. Auf einer Anhöhe über dem ehemaligen Steinbruch, der schon 1939 als Tal der Rosen angelegt war, wurde ein Aussichtsturm geplant und errichtet. Dieser Turm, als Stahl-Glas-Konstruktion ausgeführt, war dem Zeitgeschmack der beginnenden 50-iger Jahre voraus, nicht zuletzt im Hinblick auf die Betretungsmöglichkeit. Es gab nämlich keine Treppe, sondern für den regulären Besucherverkehr nur einen Aufzug, mit dem man die Plattform erlangen konnte. Der Hersteller des Aufzuges, die Firma Zeisser, war unübersehbar am Turm verewigt.

Man muss diesem Turmgebäude, zu dem wir derzeit nur die in der historischen Bildergalerie enthaltenen Postkartenabbildungen verweisen können, zu Gute halte, dass er im ästhetischen Ausdruck dem Empfinden seiner Zeit bedeutend voraus war. Vielleicht auch deshalb wurde er vom damaligen Süddeutschen Rundfunk SDR auserkoren, die erste Ultrakurzwellen-Sendeanlage im Sendegebiet des SDR aufzunehmen, zunächst im Probebetrieb, nach Abschluss der Gartenschau für die Zeit bis zum Umzug auf den Fernsehturm auch im Regelbetrieb.

Dieser ästhetisch ansprechende Turm wurde möglicherweise von Seiten der kommunal verantwortlichen Behörden nicht in gehörigem Maße in Stand gehalten. Jedenfalls wurde der Abriss des alten Turmes im Jahre 1972 mit dessen Baufälligkeit und mangelnder Schönheit begründet (!?). So verschwand ein historisch und ästhetisch nicht unerheblicher Vorläufer des heutigen Aussichtsturmes im Killesbergpark Anfang der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts von der Bildfläche bzw. seinem angestammten Standort hoch über dem Tal der Rosen.

Doch die Erinnerung an die Sinnhaftigkeit des Standortes und eines Turmes an eben dieser Stelle geriet nicht in Vergessenheit. Mehr zur Planungsgeschichte finden Sie … hier.


Erhard Bruckmann
Vorsitzender


historische Bildergalerie

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